Sonthofen hat eine schriftlich belegte Aufwärtsentwicklung von ca. 1200 Jahren hinter sich. Die erste Urkunde aus dem Sonthofer Siedlungsraum ist aus dem Jahr 839. 1429 erhielt Sonthofen von Kaiser Sigismund das Marktrecht und schließlich 1963 das Stadtrecht.
Römerpflug
Im Sonthofer Stadtbuch "Im Wandel der Geschichte" und dem Ergänzungsband von 2013 sind diese und viele weitere besondere Ereignisse der Ortsgeschichte ausführlich und spannend abgehandelt. Sonthofen hat aber auch noch prähistorische Wurzeln, die bis in die späte Bronzezeit zurückreichen. In den Iller- und Ostrachauen gab es damals viele Flußnebenarme, kleine Seen und urwaldartige Auenlandschaften, die sich bei großen Hochwasserereignissen immer wieder änderten. Für menschliches Überleben waren nur die höheren Uferbereiche geeignet. Um 1200 vor Chr. ereichten Menschen einer unbekannten Volksgruppe, deren Sprache uns bis heute unbekannt ist, den Siedlungsraum im oberen Illertal. Diese bronzezeitlichen Menschen haben im ganzen Alpenraum an Seen und in Mooren gesiedelt und Feuchtbodensiedlungen oder Pfahlbauten errichtet. Bei Blaichach wurden in der Iller bronzezeitliche Schwerter entdeckt, wahrscheinlich Weihegaben an einem Flußübergang. Die Menschen bauten einen großen Prügelweg durch das Agathazeller Moor in Richtung des heutigen Sonthofer Gebietes. Ob an den Endpunkten dieses Knüppelweges Dörfer angelegt wurden, wissen wir nicht. Im Sonthofer Stadtgebiet beim Gribesgraben konnten jedoch bronzezeitliche Siedlungsflächen gefunden werden, wie auch in der Nähe des Krankenhauses und in Altstädten am Hofackerweg. Ausgegraben wurden gebrannte Tonscherben, bearbeitete Hölzer, Feuerstellen und Bronzegeräte. Damals waren wärmere Klimaverhältnisse als heute. Bei Pollenuntersuchungen im Agathazeller Moor und am 1600 m hoch gelegenen Körbersee am Hochtannberg fand man Getreidepollen aus dieser Zeit. Die Klimaverhältnisse verschlechterten sich nach einigen Jahrzehnten. Die Überlebensgrundlage war dadurch im raueren Allgäu nicht mehr gegeben und die bronzezeitlichen Menschen verschwanden wieder so spurlos wie sie gekommen waren. Viele Jahrhunderte später kamen latene-zeitliche Menschen in den Sonthofer Siedlungsraum und ließen sich fast am gleichen Platz am Gribesgraben nieder. Diese Menschen waren keltischer Abstammung und in der Lage, Eisen zu Geräten zu verarbeiten. Ihre Anwesenheit lässt sich anhand Topfscherben und bearbeiteter Hölzer, dazu Schlackereste und Eisenteile belegen. Darunter ist auch der berühmte Sanzeno-Schlüssel aus Eisen mit Bronzeüberzug, dessen Kopie im Heimathaus Sonthofen liegt. Sie legten im Sonthofer Landbereich auf einem Felsplateau eine große Fliehburg an: die Entschenburg. Heute noch sind Teile der Wallanlagen zu sehen. In Mauwurfshäufen auf dem Plateau wurden immer wieder Schlacke- und gebrannte Tonstücke gefunden. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Reste von Rennöfen. Eine archäologische Untersuchung steht noch immer aus. Im Umland von Sonthofen wurden noch weitere keltische Relikte entdeckt, z.B. zerbrochene Waffen als vermutete Weihegaben. Die keltischen Menschen hinterließen uns aber noch ein besonderes Erbe. Worte in deren Sprache. Viele Flußnamen und Gerätenamen sind keltischen Ursprungs: Illaria, Ostracha, Blaichacha oder Granuga (Bärenkopf).
Sanzeno-Schlüssel
Auch diese Menschen verschwanden wieder, wahrscheinlich in Folge einer Klimaverschlechterung. Wiederum viele Jahrhunderte später in spätrömischer Zeit kamen wieder ganz andere Menschen in den Raum Sonthofen. Auch von Ihnen wurde fast am gleichen Platz am Gribesgraben. Siedlungsreste mit einigen Topfscherben, Feuerstellen und anderen Dinge konnten gefunden werden. Bei Wasserleitungsarbeiten im Ortsteil Breiten kam sogar ein Eisenpflugteil eines römischen Hakenpfluges zum Vorschein. Eine römische Kiesstraße wird von Kempten über Sonthofen Altstädten ins Oberallgäu vermutet. In Altstädten wurden Sigillatascherben gefunden. Bei Durach und an der Loyakapelle liegen im Altwasserbereich der Iller an der vermuteten Straßenstrecke römische Ruinen. Nach dem Ende der römischen Herrschaft in Rätien im 3. Jahrh. a.c. verschwanden auch die Menschen römischer Abstammung aus unserer Gegend. Wiederum konnte für den Bereich von Sonthofen für etwa 450 Jahre keine Besiedlung nachgewiesen werden, bis um 650 n. Chr. die heidnischen Alamannen kamen. Erst in Einzelgruppen und später unter fränkischer Oberhoheit in einer zweiten Welle in den Sonthofer Bereich. Im Ortsteil Altstädten entstanden ein fränkischer Königshof und eine Ansiedlung. Ein alamannischer Friedhof wurde dort in den letzten 100 Jahren teilweise ausgegraben und mehrmals untersucht. Auch im Sonthofer Altstadtbereich konnten noch zwei alamannische Gräber aus dem 8. Jahrhundert gefunden werden. Die Alamannen nahmen schließlich die christliche Religion an. Ihre Nachkommen, die nach der Landnahme im Allgäu blieben, sind heute noch ein Teil der hiesigen Bevölkerung.
Stele am Alamannengrabfeld bei Altstädten
Jetzt im Jahr 2013 feiert Sonthofen das 50-jährige Stadtjubiläum. Dabei sollte man sich aber bewußt sein, daß es eine mehr als 3000-jährige menschliche Siedlungsgeschichte im Sonthofer Raum gibt. Das Heimathaus Sonthofen lädt ein, diese Geschichte anhand vieler Ausstellungsstücke zu entdecken. Als interessante Lektüre sind auch das alte und das neue Stadtbuch von Sonthofen zu empfehlen.
Uwe Brendler, Heimatdienst Sonthofen